Heiko Grein
Musik Shaker

Das Flüstern und Wispern des Stadtteils

"Songs & Whispers" ist die bekannteste Konzertreihe in Bremen und wurde im Stadtteil Gröpelingen gegründet.

Heiko Grein ist Event Manager und Geschäftsführer von [ps] promotion, einer Agentur, die Vertriebswege für Medien und Music PR Services anbietet. Unter der Fittiche der Agentur [ps] promotion wird das 2003 gegründete Plattenlabel „Dandyland“ gegründet, welches später in das weltweite tätige Musiknetzwerk „SONGS & WHISPERS“ aufgeht. Dieses besteht aus einem Label, Musikverlag, einer Booking – und Konzertagentur sowie einem Tonstudio und einer Artist – Development und Managementunit. Der gebürtige Frankfurter lebt seit 25 Jahren im Stadtteil Gröpelingen, wohin es ihn ursprünglich aufgrund eines Biologie Studiums verschlagen hat. Zur gleichen Zeit gründet Heiko Grein mit seinem damaligen Mitbewohner die Hardcoreband 44 X ES. Als ihnen ein Frankfurter Plattenlabel unerwartete ein gut dotiertes Angebot macht, wirft er sein Studium hin und widmet sich zunächst ganz dem Musikgeschäft.

Wie hat es mit PS Promotion angefangen und wann ist es dann zu Songs & Whispers gekommen?
Das hat sich im Grunde genommen so ergeben. Ich habe schon Jahre zuvor als Fahrradkurier bei SPRINT gearbeitet und war gleichzeitig Flyer-Verteiler beim Freiraumtheater. Als sich abzeichnete, dass ich allein von der Band nicht leben kann, fing ich an die Synergien, die sich aus beiden Jobs ergaben, zu verbinden und eigene Aufträge anzunehmen. Formal als Business eingetragen hat sich [ps] promotion dann 1996. Die erste Zeit war ich zur Grundsicherung noch in Teilzeit bei der DHL beschäftigt. Das hat mich oft durch den ganzen norddeutschen Raum geführt, wo ich bei einer Lieferung zufällig Ralf Lübke begegnet bin. Nachdem das Label unserer eigenen Band Pleite gegangen war, hatte ich schon lange darüber nachgedacht, ein eigenes Plattenlabel aufzuziehen. Jetzt schien die Gelegenheit gekommen. Wir entwickelten „Dandyland“ und brachten Ralf Lübkes Album „Monkee Man“ raus. Etwas später hat sich wiederum zufällig ein Kontakt nach Leeds in Großbritannien ergeben, über den ich regelmäßig neue CDs erhielt. Spätestens als ich das Album von Roger Tarry in der Hand hielt, löste das bei mir die Frage aus: Wie hole ich diese Leute bloß nach Bremen?

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Irgendwann musst Du ein Gefühl dafür entwickeln, welche Chance Du ungenutzt lässt.

Wie ist Dir das gelungen?
Mich hat angespornt, diesen britischen Bands aus der Folk- und Indie Szene die Möglichkeit zu geben, auf Tournee zu gehen und dafür geeignete Strukturen zu finden. Wir konnten als Partner schnell die Fluggesellschaft OLT gewinnen, wodurch die Reisekosten gedeckt waren. Wir hatten auch Glück, dass eine unserer Bands, The Epstein, 2005 Newcomer Band des Jahres wurde und viel mediale Aufmerksamkeit generierte. Nach und nach ist dieses Livemusic – und Künstlernetzwerk immer weiter gewachsen, bis wir 2009 anfingen es unter dem Titel „SONGS & WHISPERS“ zu vermarkten. Inzwischen ist es überregional bekannt und wir sind weltweit tätig, wir betreuen über 300 Konzerte pro Jahr. Einen großen Masterplan hat es dabei nie gegeben – aber wir beobachten natürlich genau, was auf dem Musikmarkt abläuft und wie es im Zeitalter von YouTube und spotify zu schaffen ist, Newcomern zur Weiterentwicklung zu verhelfen, und das in einem System, das sich selber trägt. Wir probieren immer wieder neue Formate aus und bewegen uns auch an ungewöhnliche Orte.

Gibt es dabei eine Art von Unternehmensphilosophie?
Für mich geht es bei allem darum, Strukturen zu entwickeln die es ermöglichen, etwas entstehen lassen zu können. Letztendlich suche ich nach Plattformen, die stabil genug sind, um Raum für Energien und Leidenschaften zu sein. Das muss sich auch finanzieren und wir gucken uns genau an, welche Kooperationen das ermöglichen können. Was sich hier nach knallhartem Business anhört ist einerseits auch so, andererseits gibt es da ganz klar Parallelen zwischen den Prozessen im Management und den Prozessen der Kunst.
Eine Basis von dem was ich mache und wohin ich will ist es immer wieder etwas aufzubrechen und Moment zu erobern. Besonders viel Freude macht mir zurzeit unser Format „Let´s play“, bei welchem wir mit unseren Acts in die Schulen reingehen und dort für Kids die normalen Unterrichtsstunden aufbrechen. Sie können sich selbst dabei erleben, wie sie in eine ganz andere Energie-Spur kommen und arbeiten ganz ernsthaft mit professionellen Musikern zusammen. Auch für die Erwachsenden ist es belebend die Kids mal ganz anders zu sehen, für die Eltern und Lehrer als Zuschauer, aber auch für die Musiker, die sich auf diesen Prozess einlassen.

Was würdest Du anderen Gründern raten?
Was mich selbst voranbringt, ist die Konstante immer neugierig zu bleiben und keinen Kontakt auszulassen, auch wenn er sich im Moment als wenig nutzbringend erweist. Man weiß nie, was sich später noch daraus entwickeln kann. Ich habe keine Scheu mich mit Leuten aller Couleur auseinanderzusetzen und ich verbiege mich da auch nicht. Ich gebe klar an: So ticken wir als Unternehmen und das ist unsere Message und das zeichnet uns aus. Verbieg Dich nicht zur Beliebigkeit, auch wenn Du damit mal aneckst! Als Unternehmer im Entertainment Business musst Du auch wissen, dass Du immer wieder auf der kaufmännischen Kippe stehst. Man muss also wirklich wollen, was man da macht. Musik ist immer noch mein Herzensding und ich bin bereit, dafür einiges in Kauf zu nehmen. Es gibt viele Momente, die mich für den Stress oder die Selbstausbeutung entschädigen und 18 Stunden Tage vergessen machen. Irgendwann musst Du aber auch lernen, dass Du nicht mehr jede Chance nutzen kannst und ein Gefühl dafür entwickeln, welche Du sein lässt. Mein Tipp ist sich von Anfang mehrfach aufzustellen, wobei es einen verlässlichen Strang geben muss. Du brauchst auf lange Sicht eine Form von Sicherheit, Du musst Engpässe ab puffern können. Du brauchst den langen Atem, Du musst durchhalten können. Mir hat geholfen, dass ich seit meinem 14. Lebensjahr Mittel- und Langstreckenläufer bin. Ich habe gelernt, dass man ein Rennen nicht auf den ersten 200 Metern entscheidet.

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